„Heimatland. Zähne zeigen gegen die Feinde der Demokratie“
Unter den deutschen Großstädten dürfte Berlin in der Geschichte Deutschlands auch nach dem 2. Weltkrieg eine ganz spezielle Rolle einnehmen, und dies nicht nur als Hauptstadt des wieder vereinten Deutschlands.
Einer der dabei immer wieder ins Blickfeld geratenen Aspekte ist die enorme ethnische Vielfalt dieser Metropole, die zum einen zwar ein ganz wesentlicher Teil ihrer Geschichte und damit ihres Wesens seit den Tagen preußischer Glorie ist.
Zum anderen ist der Zuzug auswärtiger Menschen aber auch nach dem Epochenjahr keineswegs abgeklungen – lediglich die Herkunftsländer haben sich teilweise verändert, sodass die Stadt einem multiethnischen und –kulturellem Mosaik gleicht.
Ein Brennpunkt dieser multiethnischen Salatschüssel ist der Stadtbezirk Berlin-Neukölln, über den die Medien bundesweit in schöner Regelmäßigkeit zumeist in eher sorgevollem Ton berichten.
Speziell dieser Stadtteil mit seiner enorm multikulturell geprägten Bevölkerung, so lässt sich sicherlich sagen, bildet eine Art Mikrokosmos, in dem sich aktuelle (durchaus auch globalen) Herausforderungen und Konflikthemen nicht nur der deutschen Gesellschaft wie im Brennglas zeigen.
Auf Einladung von GEW, dem Verein ehemalige Synagoge Stadthagen und der Landkreisstelle „Migration und Teilhabe“ wird Güner Yasemin Balci am Mittwoch, den 8. Oktober 2025 um 19.30 Uhr in der ehemaligen Synagoge zu Gast sein. Im Gepäck hat sie dabei ihr soeben erschienenes Buch „Heimatland. Zähne zeigen gegen die Feinde der Demokratie“, dessen Titel (auch Kräften des rechten politischen deutschen Spektrums) unmissverständlich klarmacht, worum es der Autorin geht: Ihr Thema sind die Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft. Gerade in ihren Büchern widmet sie sich vor allem den Zwängen und Geboten, mit denen Jungen und Mädchen aus muslimischen Einwandererfamilien aufwachsen. Dem stellt sie auf eindringliche Weise ihre eigene Lebensgeschichte gegenüber, also die Zeit, als sie als Kind säkularer Muslime in einem zwar schon damals multikulturellen Neukölln aufwuchs, das indes völlig anders geprägt war und sie nicht in ihrer Entfaltung als selbst bestimmte junge Frau einschränkte.
Güner Y. Balci dürfte eine mehr als sachkompetente Expertin für das zugrunde liegende Thematik sein, wurde sie 1975 doch als Tochter türkischer Gastarbeiter in Neukölln geboren. Und sie ist stolz auf diesen Stadtbezirk, was auf Gegenseitigkeit beruht: 2009 bekam sie als erfolgreiche Journalistin, Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin (u.a. für das ZDF, ARD, Arte u.a.) die Neuköllner Ehrennadel verliehen.
Ironie der Geschichte: Heute lebt sie in einem anderen Berliner Stadtteil, nicht zuletzt, weil sie ihrer zwölfjährigen Tochter nicht zumuten möchte, sich bauchnabelfrei oder in anderer modischer Jugendkleidung durch das patriarchal-religiöse Umfeld bewegen zu müssen, das sich dort in großen Teilen ihres ehemaligen Heimatstadtteils durchgesetzt hat.
Hier deutet sich beispielhaft an, woran sich die Kritik der Stadtbeauftragten in ihrem engagierten Buch im Einzelnen entzündet. Es lässt sich begreifen als ein entschiedenes Plädoyer für die Prinzipien und Werte einer aufgeklärten säkularen Gesellschaft und wider falsch verstandener Toleranz gegenüber Bevölkerungsgruppen, die mit ihren reaktionär- archaischen Vorstellungen und ihrer intoleranten Lebensweis die freie liberal-demokratische Gesellschaft bedrohen, die nicht zuletzt vom Recht auf Selbstbestimmung leben.
Zur Autorin
Güner Yasemin Balci wurde 1975 als Tochter türkischer Gastarbeiter in Neukölln geboren.
Güner Yasemin Balci ist Journalistin, Schriftstellerin, Filmemacherin und seit 2020 Integrationsbeauftragte für den Berliner Bezirk Neukölln. Sie hat die Herausforderungen einer Einwanderungsgesellschaft zu ihrem Lebensthema gemacht.
Güner Yasemin Balci
Heimatland. Zähne zeigen gegen die Feinde der Demokratie
ISBN: 978-3-8270-1525-9
Piper Verlag GmbH
320 Seiten / Berlin Verlag / 24,00 €
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der GEW Schaumburg und Landkreisstelle „Migration und Teilhabe“
Lesung & Gespräch mit Güner Y. Balci