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Mahnende Erinnerungen wachhalten

Ehemaliges KZ Auschwitz besucht - Angebot des Studienseminars kann wieder aufgenommen werden

Die Tradition der Studienreisen nach Auschwitz ist nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in diesem Jahr erstmalig wieder aufgenommen worden. Die SCHAUMBURGER NACHRICHTEN berichten.

VON VOLKMAR HEUER-STRATHMANN,
STADTHAGEN.
Eine Studienfahrt nach Auschwitz gehört am Staatlichen Studienseminar Stadthagen zu den Angeboten, die sich an alle Referendare richten. Die Zuständigkeit liegt in den Händen von Andreas Kraus, dem Fachleiter für Philosophie, der selbst am Ratsgymnasium unterrichtet. Man kooperiert außerdem seit Jahren mit dem Förderverein ehemalige Synagoge Stadthagen und mit dem Forschungsinstitut für Philosophie in Hannover.

Nach der Pandemie-bedingten Zwangspause im vergangenen Jahr habe man das Projekt nun in Angriff nehmen können, berichtet Kraus. Unter den 26 Interessierten waren außer zwei Ausbildern und acht Referendaren auch mehrere Schüler des Stadthäger Gymnasiums. Das Programm hat Reiseveranstalter Hartmut Ziesing aus Hannover so entwickelt, dass man sich der Förderung und Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung und des Herbert-Wehner-Bildungswerkes sicher sein konnte.

Was der Philosoph Theodor W. Adorno 1966 in einem Radiovortrag gleich zu Beginn formuliert, ist für Andreas Kraus immer noch wegweisend: „Die Forderung, dass Auschwitz nie wieder sei, ist die allererste an Erziehung." In Stadthagen findet man außen an der ehemaligen Synagoge den warnenden Satz des Juden Primo Levi, der das KZ Auschwitz überlebte: „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen." Besuche im ehemaligen KZ Auschwitz und im benachbarten Vernichtungslager Birkenau reihen sich in Stadthagen und Umgebung ein in eine Kette von Projekten und Initiativen zum Thema Holocaust. Durch den Blick auf aktuelle antisemitische Stimmen und Strömungen gehe es um weit mehr als nur um den Gang der Geschichte, betont Kraus.

Oswiecim heißt der polnische Zielort der Reisegruppe. Die Deportation von Millionen Juden endete im deutschen KZ Auschwitz. Die Bahngleise sind zum Sinnbild des Grauens geworden. Schon anhand der beiden Namen lassen sich Aspekte der deutschen Besatzungsherrschaft in Polen ab September 1939 und der Strategie der „Endlösung" ab 1941 entfalten.

Die Gruppe hatte Gelegenheit, in Oswiecim Spuren jüdischen Lebens zu folgen, etwa durch einen Besuch in der Synagoge. Für den Aufenthalt in den Gedenkstätten Auschwitz I und Auschwitz II (Birkenau) wurde bewusst Zeit gewährt, um neben der Basisinformation durch Referenten auch individuelle Zugänge zu ermöglichen. „Das Grauen im Spiegel der Kunst" ist der Titel einer Sammlung von Werken. Referenten standen zur Verfügung, um Fragen zu beantworten.

Die in Stadthagen initiierte Studienfahrt endete mit den Besuch der Stadt Krakau, wo es zur legendären Schindler-Fabrik ging, in die mittelalterliche Altstadt und ins alte jüdische Viertel Kasimierz. Wie immer bei derartigen Projekten, das weiß Kraus nach Jahrzehnten unermüdlichen Engagements, ist die nachhaltige Wirkung entscheidend, ganz im Sinne Adornos und seiner Worte von „der Kraft zur Reflexion, zur Selbstbestimmung, zum Nicht-Mitmachen".

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