NS-Akteure in Schaumburg - Wanderausstellung fertiggestellt
Hinter der Ideologie, dem Antisemitismus, dem Hass und dem Mord standen immer Menschen, die dies zu verantworten hatten und haben. Mitarbeiter/innen unseres Vereins haben jetzt eine Wanderausstellung erarbeitet, die Täter, ihre Motive und Verhaltensweisen, vorstellen. Die Täter, sie waren auch in Schaumburg nicht weit.
Das Bild der Täter ist nicht einheitlich - es gibt zahlreiche Abstufungen. Die Ausstellung bietet dadurch aber eben auch gute Möglichkeiten, die Frage nach der persönlichen Verantwortung zu stellen. So lässt sich klären, wo Menschenrechte verletzt werden, Politik zu bösartiger Ideologie verkommt und unser Einspruch gefordert ist.
Die Ausstellung kann nach Rücksprache mit uns ausgeliehen werden. Es sind einzelne "Roll-Ups", die leicht zu transportieren sind und ohne zusätzliche Hilfsmittel im Raum aufgestellt werden können.
Hier geben wir einen Bericht von Volkmar Heuer-Strathmann aus den Schaumburger Nachrichten wieder (siehe auch den Link, unten):
Täter vor der Haustür
Mobile Ausstellung in der ehemaligen Synagoge widmet sich profilierten „NS-Akteuren in Schaumburg"
Von Frauen ist eher selten die Rede, wenn es um Führungspositionen in der NS-Zeit geht. Das Wort von der Männerdomäne trifft die Gesamtlage sicher immer noch am besten - auch auf dem Gebiet des heutigen Landkreises Schaumburg. Da ist die 1895 auf dem Rittergut Poggenhagen geborene Hildegard von Rehden, die in Bückeburg als Gründerin einer Webschule groß herauskam, eine Ausnahme. Ihre Karriere rührte bis nach Berlin, das zeigt die neue mobile AusstelLung, die kürzlich in der ehemaligen Synagoge Stadthagen der Presse vorgestellt wurde.
„NS-Akteure in Schaumburg - Täter, Profiteure, Ideologen und Propagandisten" nennen Andrea Henning und ihre drei Mitstreiter Eberhard Koch, Friedrich Lenz und Karl-Heinz Oermann die Galerie. Nur von „Tätern" zu sprechen, sei nicht unbedenklich, betonte Henning bei der Präsentation, da es auch um die verheerende Kraft des Wortes und der Schrift gehe, wie man im Falle des Bückeburger Journalisten Adolf Manns sehen könne, der in der Stadt am Harrl eine besonders unrühmliche Rolle spielte.
Schwer einzugrenzen, so die vier Historiker, die allesamt früher am Ratsgymnasium Stadthagen oder an der IGS Schaumburg als Lehrkräfte im Fach Geschichte wirkten, sei der Begriff des „Profiteurs" . So wird etwa im Falle des Stadthäger Textilunternehmers Arnold Harmening deutlich, dass nicht jede Hetzkampagne gegen einen jüdischen Konkurrenten, wie hier gegen den Kaufmann Elias Lion, sofort von Erfolg gekrönt war, was Eigentum und Profit angeht. Aber langfristig, wie die Stolpersteine vor dem heutigen Kaufhaus Hagemeyer in Stadthagen dokumentieren.
Jeder Fall lohnt das Studium, das zeigen die Banner, die von der Stadthäger Grafikdesignerin Katharina Pätzold professionell gestaltet wurden. Meist kann ein Foto von „Akteuren" wie Gauleiter Alfred Meyer oder dem Propagandaprofi Friedrich-Christian zu Schaumburg-Lippe präsentiert werden. Stets sind die Informationen klar und knapp.
Als wesentliche Grundlage diente den vier Historikern das von Frank Werner herausgegebene Werk „Schaumburger Nationalsozialisten" und die von der Schaumburger Landschaft initiierte Studie „Geschichte Schaumburger Frauen". Neben der maßgeblich beteiligten Niedersächsischen Gedenkstättenstiftung hat es die Schaumburger Landschaft möglich gemacht, nun auch diese Seite der Regionalgeschichte stärker ins Licht zu rücken.
Als Zielgruppe nennen die Pädagogen primär die Schulen im Landkreis Schaumburg. Mit der kirchlichen oder kommunalen Jugendarbeit könnten weitere Wirkungskreise erschlossen werden. Die Materialien sind eingerollt ohne große Komplikationen transportierbar und leicht zu verwahren, genauso wie die ebenfalls vom Förderverein ehemalige Synagoge Stadthagen initiierte mobile Ausstellung, die den Opfern des Nationalsozialismus gewidmet ist. Nähere Informationen findet man auf der Homepage des Vereins.
Ideologie, Programmatik und Politik der NSDAP werden als Hintergrund in die Ausführungen schlagwortartig einbezogen, im Vordergrund aber steht der jeweilige Lebenslauf. Hier tiefer einzudringen in die Materie, sei zeitweise durch die Pandemie erheblich erschwert worden, berichtete Henning. Aber man habe sich nicht entmuti-gen lassen, gerade weil es um persönliche Verstrickung und die Sicherung von Spuren für die Nachwelt gehe.
Besonders wichtig ist den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft, dass auch die Zeit nach der NS-Diktatur in den Blick gerät. So wurde die zunächst internierte Hildegard von Rehden 1948 im Rahmen der sogenannten Entnazifizierung nur als „Mitläuferin" eingestuft. Allerdings durfte sie fünf Jahre lang keine politischen Ämter ausüben. Von 1955 bis 1961 zog die ehemalige Funktionärin im „Reichsnährstand" dann im Vorstand der rechtsradikalen Deutschen Reichspartei ihre Fäden und saß für diese Partei vier Jahre im Niedersächsischen Landtag.